Grabmal

… von Wilhelm Jensen

Wilhelm Jensen (gest. 1911) und Marie Jensen (gest. 1921) wurden auf der Fraueninsel (Chiemsee) beerdigt. Die beiden hatten sich dort im Jahr 1864 kennengelernt.

Grabmal von Emil Lugo (links) und Wilhelm (+ Marie) Jensen (rechts) auf der Fraueninsel (Chiemsee)

Aus der Korrespondenz mit dem Münchner Bildhauer Bernhard Bleeker mit Marie Jensen (1912) geht hervor, dass ursprünglich geplant war, ein Porträt von Wilhelm Jensen in Bronze als Medaillon auf dem Stein anzubringen. So ist z.B. auch der Grabstein von Emil Lugo gestaltet, ein bekannter Maler, der mit dem Ehepaar Jensen eng befreundet war und  der – aus dieser Verbundenheit heraus – neben Wilhelm und Marie Jensen auf der Fraueninsel begraben sein wollte. (Emil Lugo war bereits 1902, nur wenige Monate nach Jensens Vefassen der “Gradiva”, verstorben.)

Grabmal von Emil Lugo ( 24.06.1840 – 04.06.1902)

Marie Jensen hatte u.a. bei Lugo ihre Kunst vervollkommnet. Lugo seinerseits hat beispielsweise den Salon des Landhauses in Prien mit einer Wandmalerei – im pompejanischen Stil – ausgestaltet: Ein Blick auf den Golf von Neapel. Der Vesuv und Pompeji sind auch zu sehen.

Einer von vielen Belegen für die Verbundenheit von Lugo mit den Jensens: ein Bild der Familie Jensen. Wilhelm Jensen sitzt schreibend am linken Rand, Sohn Paul (Professor für Physiologie) untersucht am rechten Rand einen Baum, Marie Jensen mit den Töchtern Thea, Maina und Käthe bilden den Mitelpunkt.

Bild der Familie Jensen von Emil Lugo (Ausschnitt)

Der Grabstein wurde dann jedoch ganz anders gestaltet, als ursprünglich geplant: Anstatt eines Bronze-Porträts von Jensen sitzt nun ein junger Mann, vielleicht zwanzig Jahre alt, mit gebeugtem Kopf da. Das Leintuch, mit dem er bedeckt ist, ließe sich leicht in ein griechisches Gewand verwandeln. Im Hintergrund ist die untergehende (oder aufgehende) Sonne zu sehen.

Grabmal von Wilhelm (und Marie) Jensen

Der oben gezeigte Bildausschnitt stammt von einer alten Fotografie, wohl entstanden um das Jahr 1912. Neben dem Grabstein steht die Witwe von Wilhelm Jensen, Marie Jensen.

Marie Jensen – neben dem Grabmal ihres Gatten Wilhelm

Dieser Grabstein ist offenbar mit Bedacht geschaffen worden: Er lässt sich verstehen als ein Pendant zu dem Relief der ‚Gradiva’, in der Jensen wohl ein Symbol für die drei wichtigsten Frauen in seinem Leben gesehen hat, neben seiner früh verstorbenen Jugendliebe auch seine Gattin Marie und die jung verstorbene Sophie Stammann. Man könnte sich vorstellen, dass die ‚Gradiva’ – ähnlich wie von Marie auf dem Bild dargestellt – von rechts auf den jungen Mann zugelaufen kommt und ihn im Jenseits in Empfang nimmt.

Fotomontage von Jensens Grabmal und der ‚Gradiva’

In der Familie Jensen wurde das Andenken an Jensens Jugendliebe über seinen Tod hinaus wachgehalten; eine Tochter Jensens, Maina Heyck-Jensen, hat jedenfalls die in der Familie erhaltene Fotografie der Jugendliebe (eine Daguerrotypie) für ihren Sohn sorgfältig beschriftet: „Großpapas (Wilhelm Jensens) Jugendliebe. Sie ist jung an Schwindsucht gestorben.

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